Wir möchten die Erfahrungen der letzten Jahre aus diversen Schadenregulierungen bei der Fritz Rodatz GmbH und die daraus eventuell resultierenden Konsequenzen für unsere Kunden einmal hier zum Anlass nehmen, um einige Anmerkungen zum Thema Versicherungssummen, Unterversicherungen und zur Ermittlung von Versicherungssummen nach der bekannten Formel Stoll/Halle zu formulieren.

1. Unterversicherungen bei einer Versicherungsdeckung

Die Unterversicherung ist, da es – abgesehen von Erstrisikoversicherungssummen in Policen – ein bzw. sogar das generelle Grundproblem der Versicherungssummenbildung.

Eine mögliche Unterversicherung wirkt sich wie folgt bei Ihnen aus:

Die Schadenzahlung wird bei einer gegebenen Unterversicherung um genau jenen Anteil gekürzt, um den die Versicherungssumme den tatsächlichen Versicherungswert einer Sache (z.B. Lok) unterschreitet. Versichere ich also ein Risiko nur zu 50 % der je nach den jeweiligen Versicherungsbedingungen verlangten Versicherungssumme, so stehen mir am Ende auch nur 50 % vom Schaden zu.

Ein Rechenbeispiel verdeutlicht Ihnen dies vielleicht noch besser: Versichere wir eine Diesellok (dies kann auch ein Waggon, Lokschuppen oder nur die Werkstatteinrichtung sein), dessen Versicherungswert eigentlich € 1 Mio. beträgt, mit einer Versicherungssumme von € 0,5 Mio., so stehen mir aufgrund der bestehenden und unbestrittenen 50 %-igen Unterversicherung der Sache aus einem möglichen Schaden von € 10.000 dann nur € 5.000 zu.

Dabei ist unbedingt auch zu beachten: Ist in einem oder Ihrem Vertrag eine Selbstbeteiligung vereinbart (z.B. € 5.000), wird erst die Unterversicherung abgezogen und dann die Selbstbeteiligung vom dem versicherten Schadenanteil. Damit würden Sie bei dem o.g. Schadenfall in Höhe von € 10.000 also die Selbstbeteiligung von € 5.000 abgezogen bekommen, und es würde die Unterversicherung auf den Fall angerechnet. Dies bedeutet am Schluss der Berechnung in diesem Beispiel von € 5.000- Sie würden in diesem Fall nichts als Entschädigungsleistung bekommen. Dies haben Sie bestimmt bei der Summenbildung nicht beabsichtigt.

2. Die Versicherungssummenbildung in der Maschinenkaskoversicherung

Die Maschinenkasko nach den Ihnen bekannten Bedingungen „Allgemeine Maschinen-Versicherungsbedingungen“ (AMB) oder „Allgemeine Bedingungen für die Maschinen- und Kaskoversicherung von fahrbaren oder transportablen Geräten“ (ABMG), ist zwar im Grundsatz zunächst keine echte Neuwertversicherung, verlangt aber bedingungsgemäß dem Neuwert zur Berechnung, genauer gesagt, den Neulistenpreis des zu versichernden Risikoobjektes als Basis zur Ermittlung der Versicherungssumme. Wenn allerdings noch an dem Objekt Umbauten stattgefunden haben, so sind natürlich auch diese Kosten zur Summenbildung zu berücksichtigen. Nach dem Vertragswert der Police ergibt sich dann eine aus dem Neu-Listenpreis über den Wert 3/71 (siehe auch Basis-Wert analog Wert 1914 bei Gebäudeversicherungen) umgerechnete Versicherungssumme oder aber eine feste mit dem Neu-Listenpreis identische Versicherungssumme.

Es ist somit zu beachten: Jede Versicherungssumme, die niedriger ausfällt als der Neu-Listenpreis oder seine o.a. Umrechnung, bedeutet für den Versicherer, dass eine Unterversicherung vorliegt, und dies wird entsprechend bei Schadenberechnungen berücksichtigt.

3. Die Stoll/Halle-Formel – als Hilfe zur Summenbildung? –

Hinsichtlich der historischen Bewandtnis der oft zitierten „Stoll/Halle-Formel“ ist nicht sicher, ob sie wirklich den tatsächlichen Wert wieder gibt den eine Lok hat. Nach unserer Kenntnis diente die Formel ursprünglich einmal dazu, den Wert einer Lok, die in einem nicht direkt vergleichbaren Wirtschaftssystem hergestellt wurde, wenigstens annähernd zu bestimmen (dies Betrifft nach unserer Kenntnis vorrangig Loks und Triebwagen der ehemaligen Deutschen Reichsbahn (DR), aber nicht nur diese). Die Zielgruppe der Formel waren damals wohl insbesondere die Fahrzeuge aus den ehemaligen Ländern des sogenannten „Ostblocks“, die seinerzeit zu staatlich festgesetzten Preisen in einer Währung mit wiederum den jeweils staatlich festgesetzten Wechselkurs gehandelt wurden. Die Loks und Triebwagen konnten somit, auf das andere Wirtschaftssystem übertragen werden. Die sogenannte Stoll/Halle-Formel war der Versuch, ein vereinfachtes Verfahren zur Bestimmung der Versicherungssumme zu schaffen und wenigstens dies als Anhaltspunkt zu etablieren.

Unabhängig von der Historie ist aber noch heute entscheidend, dass die „Stoll /Halle-Formel“ den Versuch darstellt, sich einem Versicherungswert so gut wie irgend möglich anzunähern. Es wird bei der Formel bewusst nur verallgemeinert von „Wert“ gesprochen, da hier offensichtlich eher ein Mittelweg zwischen dem allgemeinen Handelswert und dem möglichen technischem Wert angestrebt wird. Eine durch Stoll/Halle ermittelte Versicherungssumme ist ausdrücklich kein Ersatz für den eben beschriebenen Neulistenpreis. Genau genommen kann man davon ausgehen, dass ca. 98 % der nach Stoll/Halle-Formel versicherten Fahrzeuge noch immer unterversichert sind. Schwach motorisierte Verbrennungsloks und Verbrennungstriebwagen dürften damit sogar erheblich unterversichert sein!

Sollte eine Unterversicherung vermeiden werden, so gilt: Wenn der Listenpreis oder ein Durchschnittsneupreis bekannt sind, darf die Stoll/Halle-Formel streng genommen nicht von uns/Ihnen angewandt werden. Das Ergebnis einer Stoll/Halle-Formel bzw. Ermittlung sollte auch immer dahingehend überprüft werden, ob die ermittelte Versicherungssumme realistisch gesehen, eine Annäherung an den Neuwert der Lokomotive darstellt. Ansonsten sollte die Versicherungssumme besser noch erhöht werden. Außerdem sollte beachtet werden, dass sich wertsteigernde Um- und Anbauten nicht in der Stoll/Halle-Formel niederschlagen (nicht einmal Remotorisierungen oder der eventuelle Einbau einer Funkfernsteuerung etc.).

Die alte Stoll/Halle-Formel besagte nur, dass für Dieselloks und Triebwagen ein Wert von 1.000 DM je PS-Leistung angenommen werden darf (somit heute € 511 je PS / 1 KW Leistung = 1,37 PS).

Im Verlauf unserer langjährigen Tätigkeit und eigenen Feststellungen (z.B. bei der täglichen Schadenregulierungen) in Sachen Stoll/Halle-Formel wurde die Formel zwischenzeitlich mehr als dreimal angepasst.

Die Formel bzw. unsere Rahmenverträge sehen inzwischen mindestens € 650 je PS-Leistung vor.

4. Die heute etablierte „Stoll/Halle-Formel“

Wir haben mit unseren Versicherern i.d.R. für unsere Kunde eine Übereinkunft getroffen, die wie folgt skizziert werden kann:

Die wesentlichen Eckpunkte dieser Übereinkunft werden nachfolgend erläutert:

  • Die Stoll/Halle-Formel kann angewandt werden, wenn keine andere realistische Versicherungssumme bekannt ist, ermittelt oder geschätzt werden kann. Bei Schätzsummen sollte man Stoll/Halle als Mindest-Summe zugrunde legen.
  • Als gültige Stoll/Halle-Formel gilt: Es wird für Dieselloks und Verbrennungstriebwagen ein Wert von 650 Euro je PS-Leistung angenommen. Dies ist eine Mindestannahmevoraussetzung vieler Versicherungsgesellschaften, da dann wegen besagter Unterversicherung keine Streitigkeiten und Differenzen bei der Schadenregulierungen vorkommen.
  • Die Stoll/Halle-Formel schützt Sie ausdrücklich nicht vor einer Unterversicherung außer es wurde mit dem Versicherer dies vereinbart! Im Total- oder Großschadenfall ist damit zu rechnen, dass eine Unterversicherung voll zur Anrechnung kommen kann. Jedoch beinhalten unsere Rahmenverträge oder Policen mit den Versicherern, dass bei normalen Reparatur-Schäden nicht nach einer möglichen Unterversicherung gefragt wird.
  • Es handelt sich um eine nicht i.d.R. in den Verträgen dokumentierte Vereinbarung auf Gegenseitigkeit. Nach den üblichen allgemeinen Versicherungsbedingungen ist „Stoll/Halle“ unbekannt:

Bitte beachten Sie, dass die korrekte Versicherungssumme eine Obliegenheit des Versicherungsnehmers ist!

Grundsätzlich ist nicht der Versicherer oder aber der Versicherungsmakler für die Bildung der Versicherungssumme Summe zuständig. Wir können Sie nur unterstützen bei der Vermeidung einer möglichen Unterversicherung.

5. Die Versicherungssumme in der Landkaskoversicherung

In der Landkaskoversicherung (vorrangig wird diese Deckung für Fahrzeuge ohne eigenen Antrieb genutzt. Hier dient die „feste Taxe“ als Versicherungssumme des Objektes. Eine feste Taxe wird gebildet, indem das „versicherte Interesse“ an dem Objekt bestimmt wird. Ein versichertes Interesse im Sinne einer festen Taxe kann kaufmännisch gebildet werden. Es kann in Ermangelung eines Wertes – sogar der Schrottwert eines zu versichernden Objektes – sein. Trotzdem ist die Summe im Hinblick auf die Unterversicherung nicht beliebig und auch keine Erstrisikosumme die immer ausbezahlt wird. So lange nichts anderes definiert wird, sollte die feste Taxe wie folgt gebildet werde:

  • bei einer Totalschadendeckung dem Handelswert entsprechen
  • bei einer klassischen Landkasko (also inkl. der Reparaturkosten) sollte diese dem Handelswert, unter Berücksichtigung möglicher Reparaturkosten entsprechen.

Gerade bei alten Trieb- oder Personenwagen kann der Handelswert eines funktionell gleichartigen Fahrzeuges erheblich unter den Rekonstruktionskosten eines verunfallten Liebhaberstückes liegen. Hier sollte das versicherte Interesse auf jeden Fall entsprechend hoch angesetzt und auch für alle Parteien definiert werden.

Bei der festen Taxe gibt es sowohl Unter- als auch Überbewertung der Taxe, dies entspräche der möglichen Unter- oder Überversicherung.

Eine Unterversicherung infolge Unterbewertung kann angerechnet werden, wenn sich im Totalschadenfall herausstellt, dass z. B. der gemeine Handelswert viel höher liegt, oder wenn sich im Reparaturschadenfall zeigt, dass die Kosten für die Reparatur eines Wagenteiles im krassen Missverhältnis zur gemeldeten Taxe stehen. Hier ist insofern Vorsicht geboten, als dass sich das versicherte Interesse durchaus ändern kann.

Um das obige Beispiel wieder zu verwenden: Ein Triebwagen kann zunächst zum gemeinen Handelswert versichert werden. Nach seiner Rekonstruktion sollte das versicherte Interesse dergestalt angepasst werden, dass nicht nur die Wertsteigerung, sondern auch die Kosten einer erneuten Rekonstruktion erfasst werden. Wird dieser Anpassungsschritt unterlassen, droht die Unterversicherung bei Reparaturschäden am Triebwagen.

Eine Überversicherung ist eher ein Problem, das in der Seekaskoversicherung vorkommt. In der Landkaskoversicherung kann sie aber vorkommen, wenn z. B. ein Fahrzeug ursprünglich korrekt versichert, dann aber nach und nach ausgeschlachtet wurde. Die feste Taxe hat dann im Fall einer Überbewertung eine Besonderheit. Bei Überbewertung eines Objektes kann der Versicherer die feste Taxe eigenständig herabsetzen. Dies gilt auch im Falle eines bereits eingetretenen Schadens (dazu muss der Versicherer natürlich den Nachweis führen). Ein Recht auf Beitragserstattung erwächst dem Versicherungsnehmer aus der Herabsetzung des Versicherers jedoch nicht.

Man kann im Allgemeinen davon ausgehen, dass eine Überversicherung in der Landkasko allenfalls dann droht, wenn Handelswerte oder Rekonstruktionskosten überbewertet wurden. Dies kommt aber so gut wie nie in der Praxis vor. Im Allgemeinen sind durchschnittlich nach unseren Erfahrungen ca. 60 % aller Versicherungssummen in der Landkasko zu niedrig angesetzt worden, als die entsprechenden Verträge jeweils abgeschlossen wurden.

Als Ergebnis dieser vorhergehenden Betrachtungen kann gesagt werden, dass im Zweifelsfall nur ausgewählte Fahrzeuge von Ihnen Landkasko versichert werden sollten. Diese aber bitte dann am besten mit einer richtigen Summe anlog unseren vorherigen Ausführungen.

Ihr Fritz Rodatz TEAM!